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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.01.2005
Aktenzeichen: 2Z BR 221/04
Rechtsgebiete: FGG, WEG


Vorschriften:

FGG § 12
WEG § 16 Abs. 2
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 1
1. Der Verwalter kann in Wohnungseigentumssachen als Verfahrensstandschafter für die Wohnungseigentümer Ansprüche im Rahmen von § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG im eigenen Namen geltend machen und Zahlung an sich verlangen.

2. Bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Wohngeld sind Eigentümerbeschlüsse über die entsprechenden Wirtschaftspläne oder Jahresabrechnungen vorzulegen oder zumindest vorzutragen. Das Gericht hat im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht darauf hinzuwirken.


Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin ist Wohnungseigentümerin in einer Wohnanlage, die von der Antragstellerin verwaltet wird. Diese macht in Verfahrensstandschaft für die übrigen Wohnungseigentümer Wohngeldrückstände der Antragsgegnerin für den Zeitraum August 2002 bis November 2003 geltend.

Die Antragstellerin wurde in der Eigentümerversammlung vom 15.5.2001 durch Beschluss zur Verwalterin bestellt. Auf Grund der Verwaltervollmacht vom 8.4.2001 ist sie berechtigt, die Wohnungseigentümer bei der Verwaltung der Eigentumswohnanlage gerichtlich und außergerichtlich im eigenen Namen zu vertreten. Für das Wirtschaftsjahr 2002 verlangt die Antragstellerin für die Monate August bis Dezember insgesamt 203,20 EUR nebst Zinsen. Sie stützt diesen Anspruch auf die Einzeljahresabrechnung für die Antragsgegnerin vom 5.3.2003. Ein Eigentümerbeschluss über diese Jahresabrechnung ist nicht vorgetragen worden. Für das Wirtschaftsjahr 2003 macht die Antragstellerin für die Monate Januar bis März Wohngeld in Höhe von je 100 EUR, für die Monate April bis November in Höhe von je 84 EUR zuzüglich Zinsen geltend. Diesen Anspruch gründet sie auf eine Fortgeltung des in der Eigentümerversammlung vom 6.3.2002 beschlossenen Gesamtwirtschaftsplans für das Jahr 2002.

Die Antragstellerin hat beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 1.175,20 EUR zuzüglich Zinsen zu verpflichten. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 7.5.2004 dem Antrag stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 3.11.2004 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landgericht (§ 27 FGG i.V.m. § 546 ZPO), da weitere Ermittlungen erforderlich sind, die der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht durchführen kann (§§ 562, 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO; vgl. Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 58).

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie formgerecht gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG eingelegt worden. Die spätere Niederlegung des Mandats durch den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin nach Einlegung des Rechtsmittels hat auf dessen Zulässigkeit keinen Einfluss, weil das Gesetz nur die Unterzeichnung der Beschwerdeschrift durch einen Rechtsanwalt verlangt, nicht hingegen die Vertretung durch einen Rechtsanwalt während des gesamten Rechtsbeschwerdeverfahrens (BayObLGZ 2002, 304/305).

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Antragstellerin sei zur Geltendmachung der Zahlungsansprüche in eigenem Namen befugt. Gegen die Forderungen selbst habe die Antragsgegnerin keine Einwendungen erhoben. Ihren pauschalen Behauptungen zum Fehlverhalten der anderen Wohnungseigentümer und der Verwalterin müsse auch im Rahmen der Amtsermittlung nicht nachgegangen werden, da sich aus dem ansonsten feststehenden Sachverhalt kein Anlass hierfür ergebe.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin berechtigt ist, in Verfahrensstandschaft für die Wohnungseigentümer tätig zu werden. Die gewillkürte Verfahrensstandschaft erfordert neben der Ermächtigung durch die aktiv legitimierten Wohnungseigentümer, die hier in der Verwaltervollmacht enthalten ist, ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse des Verfahrensstandschafters an der Geltendmachung des fremden Rechts (Niedenführ in Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. vor §§ 43 ff. Rn. 76). Im Rahmen von § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG kann ein Verwalter als Verfahrensstandschafter für die Wohnungseigentümergemeinschaft Ansprüche im eigenen Namen geltend machen und Zahlung an sich verlangen. Das notwendige eigene schutzwürdige Interesse ergibt sich aus der Pflicht des Verwalters, seine Aufgaben ordnungsgemäß und reibungslos zu erfüllen (BGHZ 73, 302/307).

b) Die übrigen Feststellungen des Landgerichts beruhen jedoch auf einem Verstoß gegen § 12 FGG.

Die Amtsermittlungspflicht ist zwar im Wohnungseigentumsverfahren als einem echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeschränkt. In solchen Verfahren sind die Beteiligten verpflichtet, bei der Schaffung der Entscheidungsgrundlagen mitzuwirken. Auf Bedenken gegen die Schlüssigkeit eines Antrags muss das Gericht jedoch hinweisen und konkret und unmissverständlich klarmachen, welcher Sachvortrag und welche Beweismittel noch erforderlich gewesen wären (BayObLG WuM 1999, 185).

Bei Wohngeldansprüchen für verschiedene Jahre ist im Einzelnen anzugeben und zu belegen, inwieweit die Forderung auf Wirtschaftsplänen oder Jahresabrechnungen beruht. Es ist zu ermitteln und festzustellen, ob über die Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen ein Eigentümerbeschluss gefasst wurde (Niedenführ in Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. vor §§ 43 ff. Rn. 138), weil erst durch einen Eigentümerbeschluss eine Zahlungspflicht der Wohnungseigentümer begründet wird.

Die Antragstellerin wäre hier aufzufordern gewesen, den zur Jahresabrechnung 2002 gehörenden Eigentümerbeschluss, sowie den Einzel- und Gesamtwirtschaftsplan für das Jahr 2003 und den diesbezüglichen Eigentümerbeschluss vorzulegen oder zumindest vorzutragen. Weder die Abrechnung vom 5.3.2003 noch der Eigentümerbeschluss zum Wirtschaftsplan 2002 genügen, um die geltend gemachten Forderungen schlüssig zu belegen. Insbesondere kann für das Jahr 2003 nicht ohne weiteres auf den Wirtschaftsplan des Jahres 2002 zurückgegriffen werden, da für die Fortgeltung eines Wirtschaftsplans über das Kalenderjahr hinaus grundsätzlich ein ausdrücklicher Beschluss der Wohnungseigentümer oder eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung erforderlich ist (BayObLG OLG Report 2004, 445).

4. Eine Kostenentscheidung ist an dieser Stelle nicht veranlasst. Das Landgericht wird über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens in seiner abschließenden Entscheidung mit zu befinden haben.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

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